Viele Immobilienmakler hält nur noch die gute Immobilienkonjunktur am Leben, glaubt Maximilian Seil, geschäftsführender Gesellschafter von Paul & Partner Real Estate. Innovationen sind dringend erforderlich.
Wer als Immobilienmakler jetzt nicht reüssiert, macht definitiv etwas falsch. Wir alle profitieren von den aktuellen goldenen Zeiten, die aber auch in absehbarer Zeit ein Ende finden können. Wenn sich der Nebel der Glückseligkeit dann lichtet, wird der Blick auf die strukturellen Versäumnisse der letzten Jahre freigelegt, auf die mangelnde Innovationsfähigkeit unserer Branche und sicherlich auch auf die Bräsigkeit von so manchem unter uns. Die steigende Professionalisierung und rasante Digitalisierung wird den unter chronischer Innovationsarmut leidenden und von schlecht ausgebildeten Quereinsteigern geprägten Maklermarkt spätestens dann bereinigen, wenn das Leistungsprinzip wieder gilt. Betroffen werden zunächst vor allem kleinere, regionale Häuser sein. Gerade hier wird bis heute traditionell wenig Wert auf eine solide Ausbildung gelegt. Dabei häufen sich die Indizien für einen „Wind of Change“. Immer öfter sind Kunden ähnlich gut oder sogar besser informiert als ihre Berater. Online-Immobilienmakler bieten schon heute das, was für viele Kolleginnen und Kollegen immer noch ein Graus ist: volle Transparenz und digitales Datenmanagement. Und solange Digitalisierung für die meisten noch gleichbedeutend damit ist, per Handy erreichbar zu sein und ab und zu eine Mail mobil zu versenden, schafft sich ein Berufsstand selber ab. Eine Diagnose, die auf größere Häuser und selbst Netzwerkanbieter übrigens gleichermaßen zutrifft, voraussichtlich aber erst später durchschlagen wird.
Betroffen ist zunächst der klassische Makler, der einfache Standardlösungen bietet und Objekt A nach B schiebt, ohne umfassenden Service und individuelle Lösungskompetenz. Hier werden Verdrängung und Algorithmen als Erstes zuschlagen. Übrig bleiben werden Nischenanbieter, die sich einen Wissensvorsprung vor ihren Auftraggebern erarbeiten, Mehrwert bieten und auch neue Geschäftsmodelle erproben. So können Makler die Reichweite ihrer Angebote heute schnell und einfach über Onlineschnittstellen ausweiten. Besichtigungen kann der Interessent heute schon durch 360°-Kameras erleben, als Vorbereitung und umfassende Information rund um den Vertragsabschluss. Wohnungszuschnitte und -ausstattung können mittels Augmented Reality dann maßgeschneidert werden und Spezialsoftware in Verbindung mit echter Immobilienexpertise ermöglicht eine realistische Einschätzung tatsächlicher Marktwerte oder Verkaufserlöse. Was es dazu erfordert? Innovationsbereitschaft, Kundenorientierung und Fleiß gepaart mit einer gnadenlosen Professionalisierung unseres Berufsstands.